Ein Baby bekommen, und das mitten in der Berufsausbildung: Ist jetzt der Ausbildungsplatz in Gefahr? Im Gegenteil, denn auch bei schwangeren Auszubildenden greift das Mutterschutzrecht, das unter anderem vor Kündigung schützt. Wir geben einen Überblick, was schwangere Auszubildende zu beachten haben, um ihre Ausbildung erfolgreich abzuschließen.
Schwanger in der Ausbildung: Was nun?
Schwanger vor der Ausbildung
Schwanger während der Ausbildung
Ziel des Mutterschutzrechtes ist es, für schwangere und stillende Frauen den besten Gesundheitsschutz im Job sicherzustellen. Das gilt für fest angestellte Schwangere ebenso wie für Auszubildende.
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) gilt für alle (werdenden) Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, das heißt auch für Heimarbeiterinnen, Hausangestellte, geringfügig Beschäftigte, weibliche Auszubildende und unter bestimmten Voraussetzungen auch für Schülerinnen und Studentinnen.
Das Gesetz behandelt alle Themen rund um die Schwangerschaft, die Arbeitnehmerinnen betreffen. Dazu gehören unter anderem Mutterschutzfristen und Beschäftigungsverbote, Urlaubsanspruch, Kündigungsschutz, Pflichten der Arbeitgeber und viel mehr. Einen umfassenden Überblick über das Mutterschutzrecht finden Arbeitnehmerinnen im Leitfaden zum Mutterschutz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Beratung bei Schwangerschaft
Ein Kind ist unterwegs. Das wirft viele Fragen auf, vor allem in der Ausbildung. Eine Beratungsstelle unterstützt werdende Eltern in ihrer neuen Lebenssituation.
Was ändert sich für Auszubildende im Arbeitsalltag, wenn der Ausbilder von der Schwangerschaft erfährt? Das Mutterschutzgesetz wurde zum Jahr 2018 umfangreich überarbeitet. Unter anderem haben Schwangere mehr Einfluss darauf, in welchem Umfang sie arbeiten möchten. Eine Änderung ist, dass Schwangere auch an Sonn- und Feiertagen sowie zwischen 20 und 22 Uhr arbeiten können, wenn sie dazu die Genehmigung der entsprechenden Behörde einholen. Für Schichten ab 22 Uhr dürfen sie allerdings nicht eingeteilt werden.
Auch die tägliche Arbeitszeit ist klar geregelt: Mehr als acht Stunden und 30 Minuten täglich dürfen volljährige Schwangere nicht arbeiten. Minderjährige Schwangere dürfen nur acht Stunden am Tag arbeiten. Außerdem muss der Arbeitgeber einer schwangeren Auszubildenden eine ununterbrochene Ruhezeit nach Feierabend von mindestens elf Stunden gewähren. Für Arztbesuche oder das Stillen des Kindes ist die Auszubildende freigestellt, ohne diese Zeit nacharbeiten zu müssen.
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Arbeiten, bei denen sie sich oft strecken, bücken oder in die Hocke gehen müssen.
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Das Bedienen von Geräten und Maschinen mit den Füßen.
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Arbeiten, bei denen Auszubildende mit schädlichen Strahlen, Staub, Gasen oder Dämpfen in Berührung kommen.
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Arbeiten, durch die Auszubildende Hitze, Kälte, Nässe, Erschütterungen oder Lärm ausgesetzt sind.
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Nach dem fünften Monat dürfen Auszubildende nicht mehr als vier Stunden täglich stehen.
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Akkord- und Fließbandarbeit dürfen weder Schwangere noch stillende Mütter ausführen.
Auch Azubis sind durch das Mutterschutzgesetz geschützt: Einer schwangeren Auszubildenden darf ab dem ersten Tag der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Geburt des Kindes nicht gekündigt werden. Weiß die Auszubildende noch nichts von ihrer Schwangerschaft, gilt die Frist ab dem Tag, an dem der Arzt die Schwangerschaft festgestellt hat.
Wusste der Ausbilder nichts von der Schwangerschaft und kündigt er der Auszubildenden, muss diese ihn innerhalb von zwei Wochen darüber informieren, am besten schriftlich. Hält er trotz Schwangerschaft an der Kündigung fest, sollte sich die Auszubildende an die zuständige Aufsichtsstelle wenden. Welche das ist, steht auf dem Stempel des Ausbildungsvertrages.
Der Kündigungsschutz gilt auch in der Probezeit. Allerdings darf Schwangeren gekündigt werden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht wegen der Schwangerschaft beendet wird, sondern zum Beispiel aus verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen.
In der Mutterschutzfrist ist die Schwangere ganz von der Ausbildung befreit. Die Frist beginnt sechs Wochen vor dem voraussichtlichen Geburtstermin und endet frühestens acht Wochen nach der Entbindung. In den sechs Wochen vor der Geburt darf die Auszubildende weiterarbeiten, wenn sie es möchte. Das kann sinnvoll sein, um mögliche Fehlzeiten auszugleichen und die Zulassung zur Abschlussprüfung nicht zu gefährden.
Nach der Geburt besteht kein Wahlrecht. Die junge Mutter muss acht Wochen lang mit der Ausbildung aussetzen. Bei medizinischen Frühgeburten, Mehrlingsgeburten und auf Antrag auch bei der Geburt eines Kindes mit einer Behinderung muss sie zwölf Wochen lang nach der Entbindung pausieren. Eine Ausnahme besteht bei den Zwischen- oder Abschlussprüfungen. Da sie nicht Teil des Arbeitsverhältnisses sind, darf die junge Mutter auch innerhalb dieser Schutzfristen ihre Prüfungen absolvieren.
Ausbildung bei Schwangerschaft verlängern: So geht’s
Ausbildung verkürzen: Zwei Möglichkeiten
Kommt das Kind während der Ausbildung zur Welt, können die Mutter oder der Vater in Elternzeit gehen. In dieser Zeit ruht das Ausbildungsverhältnis und verlängert sich um die Elternzeit. Zusammen stehen Mutter und Vater drei Jahre Elternzeit zu. Sie können selbst entscheiden, wie sie diese 36 Monate untereinander aufteilen und ob sie die Zeit ganz ausschöpfen wollen. Die Elternzeit muss nicht am Stück genommen, sondern kann in bis zu vier Abschnitte aufgeteilt werden.
Während der Elternzeit darf Müttern und Vätern nicht gekündigt werden. Allerdings bekommen sie auch keine Ausbildungsvergütung oder Berufsausbildungsbeihilfe, haben aber Anspruch auf Leistungen wie Elterngeld oder Kindergeld. Ausführliche Informationen zur Elternzeit bei Auszubildenden gibt es bei der DGB-Jugend.
Grundsätzlich sind die Eltern von jugendlichen Auszubildenden verpflichtet, finanziell für ihre Kinder zu sorgen. Das gilt auch dann, wenn diese schwanger werden. Zusätzlich dazu stehen den Auszubildenden staatliche Hilfen zu:
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Das Mutterschaftsgeld wird während der Mutterschutzfrist gezahlt (sechs Wochen vor der Geburt und mindestens acht Wochen danach). Es ist so hoch wie der durchschnittliche Nettoverdienst der letzten drei Ausbildungsmonate. Die Krankenkasse übernimmt 13 Euro pro Tag, also maximal 403 Euro im Monat. Ist der Nettoverdienst höher, zahlt der Ausbilder einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.
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Bezieht die Auszubildende Berufsausbildungsbeihilfe, wird diese im Mutterschutz fortgezahlt.
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Auch Auszubildende können Elterngeld erhalten. Wird eine Ausbildung in vollem Umfang fortgesetzt und die Ausbildungsvergütung unverändert fortgezahlt, erhält die Auszubildende den Mindestbetrag an Elterngeld in Höhe von 300 Euro.
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Für Ihr Kind erhält eine Auszubildende monatlich Kindergeld. Kindergeld gibt es grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr des Kindes, für Kinder in der Ausbildung bis zum 25. Lebensjahr und für arbeitslose Kinder bis zum 21. Lebensjahr.
Im „Familien-Wegweiser“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden viele Fragen zu finanziellen Leistungen behandelt.
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Tanja, Ausbildung zur Erzieherin: Beschäftigungsverbot
Tanja (19) hat nach dem Abitur keine Lust auf ein Studium. Sie möchte mit Kindern zu tun haben und macht eine Ausbildung zur Erzieherin. Allerdings ist Tanja nicht gegen Windpocken geimpft und war bisher auch nicht daran erkrankt. Da für ihr Baby dadurch ein zu hohes Risiko besteht, erteilt der Arzt ein Beschäftigungsverbot. Sie ist nun während der Schwangerschaft von der Ausbildung freigestellt.
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Melanie, Ausbildung zur Krankenschwester: Prüfung nach der Elternzeit
Eine Ausbildung zur Krankenschwester das war schon immer Melanies (17) Traumberuf. Jetzt ist sie im dritten Ausbildungsjahr und schwanger. Die Abschlussprüfung liegt zwei Wochen vor ihrem errechneten Entbindungstermin. Deshalb überlegt Melanie, die Prüfung vor der Entbindung zu absolvieren. Obwohl sie sich zu diesem Zeitpunkt schon im Mutterschutz befindet, könnte sie an Prüfungen teilnehmen. Dann entscheidet sich Melanie schließlich doch dafür, die Ausbildung um ein Jahr zu verlängern und die Prüfung nach ihrer Elternzeit zu machen.
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Eva, Ausbildung zur Industriekauffrau: Bewerbung trotz Schwangerschaft
Eva (16) hat ihren Realschulabschluss in der Tasche. Jetzt steht das Bewerbungsgespräch für eine Ausbildung zur Industriekauffrau an. Doch kurz vorher erfährt Eva, dass sie schwanger ist, und fragt sich: Muss ich davon erzählen? Fakt ist: Eva muss keine Auskunft über ihre Schwangerschaft oder Familienplanung geben. Sie darf sogar lügen, wenn sie danach gefragt wird. Auch wenn Eva nach Ablauf der ersten drei Monate ihrem Ausbilder von der Schwangerschaft erzählt, darf er sie nicht in der Probezeit kündigen.
Zuletzt aktualisiert: Juni 2024
R+V-Team
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